...um nicht perfekt zu sein.
Schorsch Kamerun: Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens
Bei meinem letzten Besuch in Wien drückte mir ein lieber Freund ein Buch in die Hand, er hätte es doppelt und wenn es mich interessiere, dann gerne.
Jetzt lag das Buch, ist sozusagen gut abgehangen, und fiel dann wieder in meine Hände. Also lag es wahrscheinlich nicht, sondern klemmte irgendwie im Bücherschrank. Wie soll es sonst fallen...
Jedenfalls packte ich die Gelegenheit beim Schopf und das Buch bei den Seiten:
Schorsch Kamerun - Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens
Die ersten Zeilen lassen befürchten, hier hat man ein weiters Buch der Kategorie "was waren wir alles toller Punker und wie das alles anfing" vor sich. Kleinstädtische Einöde, Langeweile und eine Hand voll Zigarettenbürscherl, die der Misere entkommen wollen.
Wo bei Büchern dieser Kategorie für gewöhnlich das Saufen, Prügeln und das was-sind-wir-doch-für-tolle-Typen-gewesen los geht, versucht sich der Schorsch im Gekünstelten. Selbstzweifel und Ausprobieren des eigenen ichs wachsen und gedeien in provokativkreativem Umfeld.
Kamerun beschreibt selbst das Frickeln, das tun, ohne den Anspruch auf Perfektion. So wirkt das Buch über lange Strecken. Er schreibt nicht, weil er kann, er schreibt, um nicht perfekt zu sein. So gerät der Lesefluss gelegentlich ins Stocken. An Stellen, wo er sich ganz besonders unperfekt gibt.
Richtig peinlich wird es, wenn Kamerun in die Kreativkiste greift, um mehr oder weniger bekannte Namen zu verklausulieren. Da wird aus "Schorsch Kamerun" ein "TommI from Germany", aus den "Toten Hosen" schon mal "Die abgelebten Beinkleider".
Ich kenne Leute, die meinen, sich selbst einen passenden, originellen Spitznamen zulegen zu müssen. Weil sie cool sein wollen, weil sie damit eine Message verbinden, weil sie einfach so uncool sind, dass sich kein Pseudonym von alleine einfinden will. Oder weil sie der Peinlichkeit entgehen wollen, mit Kraftausdrücken wie "Pest", "Fotzer" oder "Geist" bedacht zu werden.
Dabei kommen schon mal ein dick aufgetragenes "Öko" oder ein eher muffliges "Knofel" oder eben ein sperriges "TommI from Germany" dabei raus. TommI mit großem I. Fast rührend, wie sich der Protagonist bemüht, Bedeutung in den Namen und vor allem das I zu interpretieren.
Das Buch liest sich insgesamt recht flüssig, lässt aber Spannung und Identifikationsfiguren vermissen.
Ich für meinen Teil verstehe jetzt besser, warum ich die "Goldenen Zitronen" nie recht verstanden habe. Nicht, dass ich Perfektion als erstrebenswertes Gut anbete, mit dem beinahe zwanghaften Streben nach dem Gegenteil werde ich eben auch nicht warm.