Abt.: Kompaktanlage

Polsinelli, eine Kritik


Komplettanlagen haben einen Vorteil: Sie sind komplett. Man kann sie Aufbauen und loslegen, ohne weitere Einzelteile besorgen zu müssen. Der Nachteil: Sie sind komplett. Man bekommt eben die Einzelteile, die man bekommt, ob die jetzt gut sind oder nicht.

Die Älteren unter uns werden sich noch an ihre erste Stereoanlage erinnern. Während man selbst vielleicht die billige Kompaktanlage - Plattenspieler, Cassettendeck und Tuner in einem - hatte, trumpfte der Klassenkollege mit einer selbst zusammengestellten Anlage aus perfekten Einzelkomponenten auf. Die Kompaktanlage ging für 3 bis 400 Mark her. Für die selbst zusammengestellte konnte man schon mal 1500 bis 3000 Mark berappen.

So oder so ähnlich ist das beim Brauen auch.

Die Polsinelli easy 100 ist so eine Komplettanlage. Nachgusstopf, Maischetopf, Kochtopf, ZKG, Rührwerk, Brenner, Pumpe und Wärmetauscher. Da bleiben keine Wünsche offen. Oder doch?

Brenner

Ich hatte einmal in einer Runde Wissender gefragt, was von den Brennern einer Polsinelli Brauanlage zu halten ist. Die erste Antwort, die ich bekommen habe lautete ungefähr so:

Polsinelli Brenner? Die habe ich sofort ausgetauscht. (1)

Das ist natürlich etwas ernüchternd. Nicht genau das, was man hören möchte, wenn man die Anlage gerade eben aufgebaut hat.

Diesen Tipp ignorierend haben wir unsere ersten Sude gemaischt. Hat prima funktioniert. Also hat funktioniert. Hm... zumindest haben wir es hin bekommen. So richtig geheuer sind uns die Brenner nie gewesen.

Das darf ich jetzt laut sagen, weil das Vergangenheit... also ausgebessert ist:

Die Gasanschlüsse der Polsinelli Brenner passen nicht zu den handelsüblichen Schlauchsystemen aus Baumarkt uns Fachhandel hierzulande. Wir haben entsprechend einen Schlauch genommen und im wörtlichen Sinne aufgebohrt, damit er an die Polsinelli Düsen passt. Dann mit einer Schlauchschelle festgeschraubt.

Und weil wir nur einen Gasdruckminderer mit einem Anschluß (später mit zwei) hatten, mussten wir den Schlauch zu jeder Etappe von einem Kocher abschrauben und am nächsten Kocher anschrauben. Abenteuerlich...

Mittlerweile haben wir zwei von drei Brennern ausgetauscht und mit ordentlich passenden Anschlüssen versehen. Der dritte Brenner ist ebenfalls ordentlich angeschlossen... funktioniert allerdings nicht ordentlich. Das muss irgendwie mit dem Gasdruck zusammenhängen. Jedenfalls schafft es die Zündflamme nicht, den ganzen Brenner in Betrieb zu setzen. Da müssen wir noch mal bei.

Lochblech

Am Rührwerk hat Polsinelli ein Lochblech angebracht. Hm, ja, kann man machen. Wir haben uns mehrfach gefragt: Warum jetzt? Das ist ja gleich so was von unpraktisch.
Das ist unpraktisch beim Einmaischen, weil da schnell mal die Hälfte Malz daneben landet.
Das ist unpraktisch beim Entnehmen von Würze zur Jodprobe.

Wir haben uns überlegt, wo und wann das wirklich praktisch ist. Wirklich praktisch ist das zum Beispiel, wenn einem der Haustürschlüssel in die Maische fällt und man reflexhaft mit dem ganzen Arm danach angelt. Der Arm ist dann nämlich ab, der Sud versaut und der Schlüssel liegt immer noch in der Maische. Das Rührwerk gibt nämlich nicht nach... wenn ihr versteht, was ich meine.

Auch ganz gut ist das Lochblech bei Steinschlag oder Flugzeugabstürzen. Wobei Steinschlag im Sudhaus recht unwahrscheinlich ist. Und wenn ein Flugzeug abstürzt, ganz ehrlich, dann hat sich das mit dem Sud so oder so erledigt.

Ende der Vorrede... wir haben das Blech abgeschraubt.

Thermometer

Die Thermometer, das ist ein Thema. Das hat uns bereits einmal, nein zweimal Kopfzerbrechen bereitet. Zwischenzeitlich hatten wir vier Thermometer im Einsatz. Drei digitale in der Preisklasse von 10,- bis 250,- € und das am Kessel angebrachte von Polsinelli. Mehrfache Tests haben ergeben:
Die drei digitalen Thermometer waren sich weitgehend einig. Kleine Abweichungen von maximal einem Grad haben wir auf die unterschiedliche Länge der Temperaturfühler geschoben.

Das Polsinelli-Thermometer hingegen lebt in einer parallelen Temperaturwelt. Die Amplitude variiert zwischen zwei und zwölf Grad. Wenn man also eine Temperatur halbwegs zuverlässig erreichen möchte, dann sind diese Thermometer einigermassen ungeeignet. Das mag beim Kochen uninteressant sein, weil Kochen ist Kochen, da mag das Thermometer sagen, was es will. Das mag auch beim Erhitzen des Nachgusses unerheblich sein. Da kommt es schließlich auf zehn Grad hin oder her nicht wirklich an. Nicht aber beim Erreichen und Einhalten der Temperaturen für die einzelnen Rasten.

Scharfkantig

So schön die neu aufgebaute Brauanlage von Polsinelli aussieht - sie strahlt und glitzert und weiss für sich einzunehmen - so merkt man bereits beim Schrauben, auweh, da ist die eine oder andere scharfe Kante bei.

Speziell der Deckel mit dem integrierten Rührwerk. Den besser nur mit Arbeitshandschuhen anfassen. Aber auch den Regalen auf denen Brenner und Töpfe stehen ist mit Vorsicht zu begegnen.

Ich kann euch sagen, der Verbandskasten ist bereits zum Einsatz gekommen. Da gibt es noch einigen Optimierungsbedarf.

Und dennoch...

Trotz all der kleinen und größeren Herausforderung vor die uns unsere Polsinelli stellt, brauen wir gerne mit ihr.