Abt.: Churchill

No - Nö - Ähäm - Olympia

Sport ist Mord. No Sports. Und die U-Bahn erst...
Ich war dabei. Irgendwie. Und irgendwie auch nicht.

Ich kenne München so, wie ich es erlebe und erlebt habe. Also jetzt grob 50 Jahre. Die Zeit davor? Was mich am meisten bewegt: Wenn die Mönche dereinst in mitten der Isar auf einer Insel gesiedelt haben, die Isar damals jedoch ein bisweilen reißender, unberechenbarer und vor allem sein Bett immer wieder umbettender Strom war... aber das ist jetzt nicht das Thema.

Ich bin quasi hineingeboren worden in die Olympischen Spiele 1972. Nein, ich bin nicht 72 geboren, aber meine frühen Kindheitserinnerungen, die sind da geboren. Und auch die sind nur sehr schwach. 1972, als die Dinge dort passiert sind, die dort passiert sind, war ich nämlich auf Mallorca. Und an den Geruch der gechlorten Pools und den kloakigen Gestank am Meer kann ich mich ganz klar besser erinnern, als an das, was dort in München passiert ist.

Entsprechend kann ich mich auch nicht an das München eines Weiß Ferdls oder Mühsam Erichs erinnern. Noch nicht einmal an das des Wimmer Dammerls. Da gab’s mich eben noch nicht. Und – was hier nicht ganz unerheblich ist – auch München als Großstadt nicht.

Vor dem Zweiten Weltkrieg war München bestimmt das, für das es von Nichtmünchnern auch heute noch gehalten wird: ein verschlafenes Nest im Süden der Republik. Die Einwohner in Lederhosen und Dirndl grölen in gutturalen Lauten, sind ständig besoffen und im Allgemeinen recht einfältig. Gut, Nichtmünchner, die zur Wiesn vorbeischauen, mögen den Eindruck mit nach Hause nehmen, das sei auch heute noch so. Ist es aber nicht. Die heutzutage grölend in Lederhosen herumtorkeln, sind in aller Regel Nichtmünchner, die zur Wiesn vorbeischauen.

Aber zurück zum Thema. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist München rasant gewachsen. Die gemütliche Linie 8, die vom Weiß Ferdl so liebevoll wie treffend besungen wurde, reichte bald nicht mehr aus, um die Menschen von hier nach dort zu bringen.

Hier kommen die Olympischen Spiele 1972 ins Spiel. Denn zu den Olympischen Spielen hat sich München ein U-Bahn-Netz gegönnt, von dem wir auch heute noch profitieren. Auch vom Olympiapark, den Sporteinrichtungen und dem Olympischen Dorf profitiert München. Das muss so gesagt werden.

Muss das so gesagt werden? Nein, muss es nicht. Denn das ist nicht ganz richtig.

Der U-Bahn-Bau hängt nämlich nicht originär mit den Olympischen Spielen zusammen. Das hat mehr mit dem Gesetz der Gleichzeitigkeit zu tun. Weil die U-Bahn zu den Spielen fertig wurde, nehmen wir das als zusammenhängend wahr. Und das wird uns – vor allem auch von den Olympia-Befürwortern – so verkauft. Stimmt aber nicht.

Und genau hier liegt der Taschenspielertrick von heute. In die aktuelle Bewerbung für Olympia schreibt die Stadt Dinge rein, die München so oder so braucht. Wohnungen zum Beispiel. Oder den Ausbau des ÖPNV. Die erledigt werden müssen, ob Olympia kommt oder nicht. Ein Taschenspielertrick, um Stimmen für Olympia zu fischen.

Und wenn jetzt jemand von ganz hinten rein ruft „aber Olympia macht alles schneller“, dann ist das eine Bankrotterklärung des politischen Willens. Wenn sich die Stadt nur vor dem Hintergrund eines finanziellen Großereignisses auf das Notwendigste einigen kann, stellt sich die Frage: Wer blockiert? Wer legt sich quer?

Da gilt es, einen Blick auf die zu werfen, die am lautesten für Olympia trommeln. Und die lautesten Trommeln hat die CSU. Und die CSU ist es auch, die sich immer wieder quer stellt, wenn es um sinnvolle und notwendige Projekte geht.

Zahlenspiele

Natürlich ist es letztlich Glaskugelleserei, wenn man versucht Kosten für Olympia in 10 oder mehr Jahren zusammen zu tragen. Man kann mit Erfahrungswerten arbeiten und wenn man das macht, kann zum Beispiel so etwas heraus kommen:

Wenn wir von heute ausgehen, muss München mit mindestens 10-13 Milliarden Euro rechnen. Wenn man die übliche Kostenüberschreitung berücksichtigt, eher mit 15-18 Milliarden. Zum Vergleich: Pyeongchang 2018 lag bei rund 13 Mrd. USD, London 2012 bei 15 Mrd. USD und Tokio 2020 bei 28 Mrd. USD. Seit 1960 ist übrigens keine Veranstaltung im Budget geblieben. Die durchschnittliche Kostenüberschreitung beträgt 172 %.

Selbst bei optimistischer Rechnung könnte München durch Ticketverkäufe, Tourismus und lokale Sponsoren maximal 1-1,5 Milliarden Euro einnehmen. Der große Rest der Olympiaeinnahmen - insbesondere aus TV- und Vermarktungsrechten - fließt direkt an das IOC. Damit bliebe für München und die Region ein Finanzloch von etwa 6 Milliarden Euro, was 2.000-4.000 Euro pro Einwohner entspricht (gerechnet auf 1,6-2,7 Mio. Menschen im Stadt- und Umlandbereich).

Olympia refinanziert sich also nicht annähernd selbst - der Großteil der Kosten würde bei Stadt, Freistaat und Steuerzahlern hängen bleiben.
Ach ja, die Kosten von Stadt und Freistaat, das sind übrigens auch Kosten, die der Steuerzahler aufbringen muss.

Jetzt aber gut. Geht in euch. Macht euer Kreuz nach bestem Wissen und Gewissen.
Wir sehen uns.