Leben und sterben lassen

Nachdenken über Nacktschnecken

Als eingefleischter Supermarktkunde mache ich mir ganz selten Gedanken über Nacktschnecken. Über Zimtschnecken eher...

Als Kleingärtner hingegen ist mir die Nacktschnecke ständige Begleiterin. Gleichsam eines Spreisels an einer Stelle, die man nicht erreicht.

In einschlägigen Foren wird viel, häufig und vor allem immer wieder diskutiert ob und wie der alljährlichen Schneckenplage zu begegnen sei. Die Bandbreite reicht dabei von Streicheln bis zu sprengen. Wer wäre ich, wenn ich nicht auch meinen Beitrag zum Thema liefern würde. Bitteschön.

Schnecken und Bier

Oft ist zu lesen, Bierfallen seien ein adäquates Mittel gegen Nacktschnecken. Schnecken lieben Bier - weil der Schneck ist ja auch nur ein Mensch - riechen das königliche Gebräu über viele Meter, kommen dann angepest und geben sich dann hemmungslos dem Suff hin. Bis zum Delirium, bis zum Exitus.

Schnell ist dann zu hören, eine Bierfalle ist Quatsch. Da wird dann so was gesagt wie "so eine Bierfalle lockt die Schnecken von überall her an" oder "dein Nachbar wird sich freuen" oder "die Schnecken essen erst den Salat und trinken dann das Bier".

So, ich lehne mich mal etwas aus dem Fenster. Und entgegne dieses:

Ja, so eine Bierfalle lockt die Schnecken an. Von überall her, über viele Meter. Genau dazu ist so eine Bierfalle da, Schnecken anzulocken. Aber so eine Bierfalle kann nur Schnecken anlocken, die es schon gibt. So eine Bierfalle produziert keine neuen Schnecken. So weit alles gut.

Und auch ja, meine Nachbarin wird sich freuen und mein Nachbar auch. Ganz ehrlich? Ich habe gerne Menschen um mich, die sich freuen. So weit also alles bestens.

Jetzt noch zu Salat und Bier und die Reihenfolge. In der Kneipe wird mir erst das Bier serviert und dann der Salat. Das ist so. Entsprechend trinke ich erst und so macht es die Schnecke auch. Das sehe ich in der Praxis: Links der Salat, rechts das Bier... links der Salat, rechts besoffene, besser noch totgesoffene Schnecken. Auch das im grünen Bereich.

Der einzige Haken an der Geschichte, so ein großer Garten mit vielen Schneckenfallen, der sauft dann bald mehr als ich.

Schnecken essen

Schnecken essen, ich hab mal darüber nachgedacht. Weil viele Schnecken werden in vielen Gegenden gegessen. Weinbergschnecken etwa. Die bekommst du selbst hier im Supermarkt. Gefroren. Oder in Portugal caracóis. Die bekommst du da am Markt. Lebendig. Warum also nicht auch Nacktschnecken.

In meiner Phantasie bekommt man eigentlich alles irgendwie so hin, dass es geniessbar ist. Mit viel Knoblauch, mit Sojasauce, Majo oder Ketchup. Frittieren, glasieren oder wolfen.(1) Also frohen Mutes raus in die weite Welt. Also ab zu Google. Und Google fördert dann schnell dieses zu Tage:

"Schon bei der Vorstellung so etwas zu essen verringert sich der Appetit bei den Meisten. Hartgesottene dürfen es ruhig ein paar Mal auch wirklich essen und schon haben auch sie keinen Hunger mehr."

Scheint mir also nicht ganz der richtige Weg zu sein, um die Schnecken im Garten los zu werden.

Ein Rezept habe ich tatsächlich gefunden. Entscheidet selbst...:(2)

(Nackt-)Schnecken-Sushi

Die Schnecken vorsichtig einsammeln, falls sie irgendwo zu sehr festkleben, sollte eher auf eine Schnecke verzichtet werden, denn verletzte Schnecken ergeben kein ansehnliches Sushi (man kann allerdings dennoch versuchen, sie mitzubekommen und fuer eine Vor-Suppe nach dem bereits bekannten Rezept aus einem frueheren article benutzen, Gilion). Wie bei jedem Suhi sollte man auf makelloses gesundes Fleisch achten -- die Schnecken duerfen nicht von Parasiten befallen sein. Sind keine Nacktschnecken zu finden, kann man sich auch mit anderen Schnecken behelfen, die jedoch vor dem Verzehr aus dem Haus gelockt werden muessen.

Am Ort der Zubereitung angekommen -- Sushi-Schnecken muessen selbstverstaendlich sehr frisch sein, in wirklich kalten Wintern kann man allerdings manchmal schockgefrostete Schnecken finden, die laenger halten -- muessen die Schnecken dann vorsichtig von jeglichem evtl. noch anhaftendem Unkraut oder Salatresten befreit werden. Danach begiesst man sie solange mit hochprozentigem Alkohol (vorzugsweise Tequila oder einen aromatischen Cognac, als Variante auch viel wuerziges Bier -- Clausthaler ist jedoch voellig ungeeignet!), bis sie nicht mehr wegkriechen, wenn man sie piekt und blanchiert sie dann sehr kurz mit recht heissem Wasser -- das gibt den Schnecken auf humane Weise den Rest.

Alsdann nimmt man eine gute Hand voll Sushi-Reis (Sushi-Meshi) und formt ihn zu einer Halbkugel, auf die man etwas Meerretisch-Sahne (ersatzweise Wasabi) streicht. Darauf bettet man nun eine Schnecke und richtet das ganze auf einem Bett aus Salat und frischen Kraeutern nett an.

Jegliche weitere Wuerzung wuerde den natuerlichen Geschmack der Schnecken uebertoenen, der durch den Alkohol bereits sanft pafuemiert ist.

Bon Appetit!

= Gilion Goldharz =

Schnecken und die Schere

Was ich denn gegen Schnecken machte, wollte eine Nachbarin wissen. Ein schneller Schnitt mit der Schere wäre mein Mittel der Wahl entgegnete ich.

Das könne sie nicht, das sei ihr zu brutal.

Pass auf, ich erzähle dir eine kurze Geschichte. Du findest die erste Schnecke, nimmst sie angewidert und schmeisst sie in die Isar. Dann kommst du zurück und siehst direkt die nächste Schnecke. Die bringst du auch an die Isar. Und wenn du zurück kommst, dann wartet da bereits die ganze Schneckenfamilie. Mit Kind und Kindeskind, mit Freunden und Freunden von Freunden. So oft kannst du nicht an die Isar laufen.

Nein, das könne sie nicht. Niemals. Ich sei eine gefühllose Bestie.

Eine Woche später hat sie sich eine Schere gekauft...

Schnecken und die Nachbarn

Ich lese immer wieder von Leuten, die Nacktschnecken einsammeln und dann irgendwo hin bringen. Denen entgegne ich gerne, achte aber darauf, dass du sie irgendwo hin bringst, wo Leute leben, die du nicht magst. Wieso? Ganz einfach eigentlich, Schnecken die irgendwo hingebracht werden, die sind damit nicht aus der Welt. Die Leben weiter, fressen weiter, vermehren sich weiter.

Wenn ich die aber ganz weit weg bringe? Dann fressen sie eben den Garten von "ganz weit weg" leer.

Und wenn ich mit dem Rad raus auf's Feld fahre? Dann such dir einen Bauern, den du nicht magst... wobei der dann natürlich genug Chemie im Einsatz hat.

Schnecken Nosode

Was ist das denn, so mögt ihr euch fragen. Das habe ich mich auch gefragt und ich habe mich kundig gemacht und folgendes gefunden:

Die Schnecken-Nosode kann man selber herstellen. Die Schnecken werden abgesammelt und mit einem schnellen Schnitt "human" getötet. Man lässt die getöteten Schnecken auf Zeitungspapier trocknen. Wenn sie ganz trocken sind, verbrennt man sie. Die Asche verwendet man für die Nosode. 2-3 Teelöffel mit 10 Liter Wasser mischen. Diese Mischung über das Erdreich und um die Pflanzen gießen.

"mit einem schnellen Schnitt human getötet" ... diese Formulierung begeistert mich.

Wie Kleingärtner sterben

Seit ich den Kampf gegen die Nacktschnecke aufgenommen habe, stelle ich mir mein eigenes Ende etwa so vor:

An einem verregneten Sonntagvormittag teilen sich die Wolken. Die Sonne blitzt durch und leuchtet die Szene wunderschön aus. Dann fährt eine riesige Schere herunter und schneidet mich glatt in der Mitte durch. Und Schluss.

(1) Hier muss ich ganz klar eingrätschen, wer keinen Koriander mag, ist raus. Weil Koriander bekommst du nicht so hin, dass ich ihn mag.
(2) [groups.google.com]: Schnecken-Sushi