Das Nominierungsspiel

Merricks

Andreas Thomsen bat mich, ein paar Worte über die Merricks zu verfassen. Das fiel mir nicht leicht und das ist dem Text auch anzumerken.

Das Cover... die gruselige Ästhetik der 70er. Beton trifft auf quietschbunt. Den Beton gibt es heute noch.

Eine meiner frühen Kindheitserinnerungen drehen sich um das Schwabylon. Mit meinen Eltern bin ich x-Mal mit im Auto vorbei gefahren und habe gestaunt. Was sich da wohl hinter verbergen mag. Nun waren meine Eltern offenbar nicht die Zielgruppe des Schwabylons oder sie wollten mich von dem Sündenpfuhl, der in seinem Inneren vermutet wurde, fern halten.

"The Sound of Munich"... ich bekomme Angst. Für mich hat München erst Anfang der 80er einen erträglichen Sound bekommen. Das war so die Richtung ZSD oder The Schrott. Das Cover deutet auf eine andere musikalische Richtung hin.

Ja, richtig erkannt, die Merricks sagen mir nicht das Geringste. Werde nicht darum herum kommen, mich nach diesen einleitenden Worten erst mal schlau zu machen.

Nun ja, vom Artwork des Covers geblendet habe ich die Merricks fälschlicherweise in den 70ern verortet. Weit gefehlt. Und nicht nur zeitlich, sondern auch örtlich waren sie mir näher als vermutet. Während ich dem Hartwich Frank und seiner Band Blume in der Kulturstation lauschte, probte sein Bruder Bernd ein paar Baracken weiter mit den Merricks. Sicher werden jetzt einige den Kopf schütteln und voller Inbrunst ausstoßen, "natürlich kennst du die Merricks und natürlich kennst du den Bernd" und ich werde trotzig entgegen halten: "natürlich nicht!"

Und hätte ich die Merricks gekannt, ich hätte mich voll Schauder abgewandt. Diese zuckersüße Popmelange wäre mir ein Graus gewesen. Und nur weil die Riege befreundeter Musikliebhaber in höchsten Tönen von Bernd und seinem Schaffen schwärmten und immer noch schwärmen, muss mir das nicht gefallen.

Unabhängig von meinem Widerwillen der Popmusik gegenüber möchte ich jedoch dem Bern seine Verdienste um die Münchner Kulturszene hervorheben. Wenn ich mich recht entsinne hat er in der Kulturstation mitten unter der Horde betrunkener und ignoranter Hardcorefreaks eine Talkshow auf die Bühne gebracht. "Meine Stadt" oder so. Damit hat er vorweg genommen, was später auf MTV und den privaten Fernsehsendern große Erfolge feierte. Er war stets rührig im Dunstkreis von Optimal und Ultraworld tätig und hat neben den Merricks auch mit anderen Formationen das Nachtleben bereichert. Leider ist er Anfang diesen Jahres einem Krebsleiden erlegen.