Abt.: Hopfen und Malz

Donnerbräu - 1. Sud

So, jetzt lassen wir mal die Katze aus dem Sack. Ein neuer Stern geht am Münchner Bierhimmel auf: Das Neuhauser Donnerbräu nimmt sein neues Sudhaus in Betrieb. Es war ein Fest und es war nichts das letzte Fest.

So ein Brautag ist ja nicht nur Vergnügen. Der dauert ja auch recht lange. Und damit so ein Brautag nicht in Langeweile ausartet - nicht falsch verstehen, ich will hier nichts gegen Langeweile als solches sagen, hat man dieser Tage ja eher viel zu selten - hält so ein Brautag auch einiges an Arbeit bereit.
Wenn der Brautag dann obendrein der allererste Brautag in der niegelnagelneuen Brauerei ist, dann paart sich zu der Arbeit noch Spannung, Aufregung und eine illustre Besucherschar.
So ein Brautag hält auf Trab. Aber der Reihe nach.

Vielleicht stelle ich erst einmal die Protagonisten vor. Zumindest die, die bereit und vor Ort waren, um ihre Gesichter in die Kamera zu drehen. Da sind sie:

v.l.n.r.:
Der Donner-Suppi. Der ist ganz furchtbar wichtig. Ohne den läuft gar nichts. Die Brauerei steht nämlich in seinem Waschhaus. Wo er jetzt wäscht ist derzeit nicht bekannt.
Der Donner-Geist. Der kann eigentlich gar nichts, der tut nur so. Aber das tut er so gut, dass es ihm die anderen abnehmen. Ansonsten gibt er sich meist Mühe. Oder macht welche.
Der Donner-Gerald. Der kann brauen, frage nicht. Gelernt direkt hat er es nicht, aber die Biere die er ansetzt... ein Gedicht. Episch.
Der Donner-Holger. Der kann Gitarre spielen. Und er weiss, dass es auf das Wesentliche ankommt: Das Bier. Wenn das nichts wird, wird der Wirt auch kein Wirt.
Der Donner-Rico. Der vielleicht einzige Handwerker, der es hinbekommt, den Abfluss am tiefsten Punkt des Raumes zu platzieren. Oder den Raum entsprechend um den Abfluss herum.
Der Donner-Hubsey. Der ist vom Fach und der ist insbesondere gar nicht auf dem Foto drauf, weil er nich da gewesen ist.

Dann hätten wir das. Kommen wir also zum Wesentlichen.

In frühen Zeiten, also etwa damals, als Mesopotamien noch die obere Eins auf der Weltkarte war, da mussten die Brauer die Göttin Ninkasi anrufen und um erfolgreiche Spontangärung bitten. Und was die nicht alles in die Maische geschmissen haben, um die Göttin milde zu stimmen. Ach ja, die Brauer waren damals vorwiegend Brauerinnen. So viel Zeit muss sein.

Heute wissen wir, dass es Ninkasi nicht gibt oder spätestens mit Einführung des Reinheitsgebots abgeschafft wurde. Die Helden des Reinheitsgebots... keine Ahnung, wen die angerufen haben, damit das Bier was wird. Hefe zumindest haben die auch noch nicht gekannt.

Lassen wir nun die alten Zeiten beiseite und kommen ins Hier und Jetzt. Das Hier und Jetzt fordert Sorgfalt, beziehungsweise ein Rezept, sorgfältig nieder geschrieben.

Ein Wiener Lager steht auf dem Programm. Wenn ihr euch auf den Kopf stellt, könnt ihr das Rezept lesen. Die Tasse ist übrigens original 50er Jahre.

Nach der Schreibarbeit kommt... nun gut, bei Hobbybrauern geht das Hand in Hand: Rezept mit dem Lagerbestand abgleichen und dann das Rezept entsprechend anpassen. Ist so, wie am Sonntag für die Familie kochen, da muss dann auch das Rezept an den Kühlschrank angeglichen werden und nicht umgekehrt.

Das Malzlager gibt her, was das Rezept verlangt. Liegt daran, dass rechtzeitig eingelagert wurde, was das Rezept verlangt. Schliesslich fiel der Brautag auf einen Sonntag und da lässt sich nicht mal eben ein Sack Caramalz vom Rewe im Hauptbahnhof holen. Der Rewe führt so was nämlich nicht.

Jetzt aber an die Arbeit.

Malz abwiegen.

Hier das Malz.

Malz, ? Schroten, hä?

Gut, ganz kurz dazu: Malz ist eigentlich eine ganz schön fiese Sache. Da wird einem Getreide - vorwiegend Gerste - vorgegaukelt, dass es höchste Zeit zum Keimen ist. Richtige Temperatur, richtige Feuchtigkeit, richtige Lichtverhältnisse. Und wenn das Getreide dann keimt, dann wird es umgehend abgetötet. Heiss gemacht. Gedarrt, wie es im Fachjargon heisst.

Und dann kommt das Schroten. Da wird das Malz zwischen zwei Walzen zerquetscht, dass es eine Freude hat.

Wer 21 Kilo Malz per Hand schrotet, der weiß, warum die Hobbybrauer so dicke Oberarme haben. Wir waren zu dritt, das werden die Oberarme nicht ganz so dick.

Doch kommen wir zurück zum Brautag.

Was sich zum Brauen als sehr vorteilhaft erweist, ist eine mehr oder weniger umfangreiche Brauanlage. Sicher, man kann auch daheim auf dem Herd brauen. Allerdings ist das ganz schön Aufwand, wenn man nach einem Tag rühren und sechs Wochen warten vielleicht zwei Mass Bier im Kühlschrank hat.

Bei hundert Liter sieht das etwas anders aus. Und Donnerbräu hat eine Hundert-Liter-Brauanlage. Und die sieht auch noch verdammt gut aus. Findet ihr nicht?

Und weil da gerade all die Töpfe im Bild sind, soll hier deren Funktion kurz erklärt werden: In dem Topf in der Mitte wird eingemaischt, die Rasten gemacht und geläutert. Der Topf rechts oben hält heisses Wasser für den Nachguss bereit. Im Topf links unten wird die Würze gekocht.

Bäm... gut, ich sehe in eure ratlosen Gesichter. Was ist Maische, was eine Rast. Was ist Nachguss, was ist Würze. Und wieso heisses Wasser für den Nachguss?

Die Maische ist so eine Art Müsli. Da werden Cerealien mit Wasser vermischt. Die Cerealien sind allerdings nicht diese Frühstücksflocken von Kelloggs, sondern bestes - in diesem Fall handgeschrotetes - Braumalz. Das Einmaischen passiert bei 50 Grad. Die Maische wird dann unter ständigem Rühren in mehreren Stufen erhitzt.

Zunächst auf 62 Grad. Bei dieser Temperatur wird aus Stärke Maltose erzeugt. Maltose ist später das, aus dem die Hefe Alkohol und CO2 macht. Das nennt man die Maltoserast.

Dann geht es weiter auf 72 Grad. Dazu sagt man dann Verzuckerungsrast. Dabei entstehen Zucker, die nicht in Alkohol umgewandelt werden können und somit für den Geschmack vom Bier recht wichtig sind.

Nach den Rasten wird geläutert. Das heisst, die trübe Suppe wird so lange durch den Malzschlabber hindurch gefiltert bis eine einigermassen klare Flüssigkeit übrig bleibt. Dabei kommt der Nachguss mit ins Spiel, denn mit dem werden die letzten verwertbaren Dinge aus dem Malzschlabber gespült, bis zuletzt der Treber übrig bleibt.

Hier rastet die Maische. Ich kann gerade nicht erkennen, bei wie viel Grad. Ist eigentlich auch egal, weil das auf einem Foto immer gleich aussieht. 50, 62 oder 72 Grad.
Und während die Maische so rastet, wenden wir uns anderem zu.

Zum Beispiel dem Arbeitsschutz. Oder der Ersten Hilfe. Sollte man in einer Brauerei nicht zu kurz kommen lassen. Wir haben an alles gedacht. Zum Beispiel an Wasserfeste Strips von Hafnia. Keiner weiß zu sagen, bis wann es eine Firma Hafnia gegeben hat, die wasserfeste Strips hergestellt hat. Google zumindest kennt sie nicht. Egal, wir haben Pflaster.

Und während die Maische weiter rastet, linse ich mal ins Kochbuch. Oder sagt man Braubuch? Egal, ich linse. Und da steht was von der 3. Rast bei 72 Grad, ihr erinnert euch an das Foto weiter oben? Also ist das die Zuckerrast.
Und weiter geht die wilde Rast. Die dauert schon mal.

Aber alles hat ein Ende. So auch das Rasten der Maische. Und nach dem Rasten kommt das Läutern. Ihr kennt das ja, mit finsteren Gedanken geht man rein, mit klaren Gedanken kommt man raus. Ist also geläutert. So ähnlich ist das mit dem Bier auch. Aus der trüben Maischesupp soll klare Würze werden. Da hat sich die Maische was ganz besonderes einfallen lassen, sie filtert sich sozusagen selbst raus. Während die Vorwürze aus dem Maischetopf in den Kochtopf fließt, verdichtet sich das Malz im Maischetopf so, dass es selbst nicht mit in den Kochtopf fliesst. Ganz so, als wüsste das Malz, dass seine Aufgabe jetzt erledigt ist und sich selbst einen würdevollen Abgang verschafft.

Und während die Vorwürze in den Kochtopf dröppelt möchten andere, wichtige Aufgaben erledigt werden. Zum Beispiel die Hefe. Wenn man Trockenhefe nimmt, dann muss die angerührt werden. Und angefüttert auch. Also erst das Hefepulver in Wasser auflösen und dann ein Gläschen Vorwürze dazu. Dann findet das die Hefe gut und fängt an zu arbeiten.

Weil das so ist, dass jedes Gewerk seine eigenen Begrifflichkeiten hat - aber das habt ihr sicher schon gemerkt - heisst das auch nicht anrühren, anfüttern und auflösen, sondern es wird anstellen dazu gesagt. Die Hefe wird also angestellt.

Wenn die Würze dann abgeflossen ist und der Nachguss die letzten wertvollen Stoffe aus dem Malz gewaschen hat, dann bleibt der Treber übrig. Malzkuchen, Treberkuchen... es gibt verschieden hübsche Bezeichnungen für etwas, dass man eigentlich nur los werden will.

Dach einiger Recherche und einigem Experimentieren steht das Ergebnis fest: Der Treber ist als Tierfutter geeignet und als Beigabe zum Kompost. Tiere haben wir nicht und Kompost auch nicht. Und schon gleich gar nicht in dieser Größenordnung.

Ach ja, das Experimentieren. Zwei Varianten kamen auf den Prüfstand: Brot und Müsliriegel. In beiden fällen hat sich der Treber zwischen den Zähnen erneut als Treberkuchen angereichert, so dass sich ein Genuss nicht einstellen wollte.

Zurück zum Brauen. Zur Würze kommt jetzt der Hopfen. Dann muss das ganze kochen. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann darum, um das Aroma aus dem Hopfen raus zu bekommen und eventuelle Keime zu töten.

Mal die Nase in eine Tüte mit Hopfen gesteckt? Ich könnt mich reinlegen.
Ansonsten hat Hopfen das Zeug Bücher zu füllen und Liebhabenden Tränen der Verzückung in die Augen zu zaubern.

Hopfen ist übrigens ein Hanfgewächs.

Kommen wir zu einem rührenden Zwischenspiel.

Weil die ganze Donnerbräugeschichte ohne das Richelbräu und insbesondere dem Günther gar nicht möglich geworden wäre und weil der Günther dann auch da war und eine Rede gehalten hat. Darum.

Auch wenn er es nicht mag, so muss es doch ausgesprochen werden: Der Günther ist Schuld an der Geschichte. Ohne den Günther würde es Donnerbräu nicht geben. Er ist einer, der bringt die Leute zusammen. Beim Richelbräu im Gärkeller haben so manche ihren ersten Sud angesetzt, haben bei Brotzeit und Bier Günthers unermesslichem Anekdotenschatz gelauscht.

Ganz ergriffen lauschen die Lauser vom Donnerbräu der Laudatio vom Richelbräu. Eine schöne Rede mit viel erhellendem über Donnerbräu.

Der Donner-Suppi mit dem ultimativen Nachschlagwerk zu Donnerbräu. Also nicht dem Neuhauser Donnerbräu, sondern dem aus Saarlous.

Genug gehudelt und gelobt. Zurück zur Arbeit. Die Würze hat jetzt lange genug gekocht. Jetzt geht es darum, die Würze auf eine Temperatur zu bringen, mit der die Hefe dann auch leben kann. Die Würze hat annähernd 100 Grad, die Hefe hätte gerne 10 Grad. Und dieses kleine Ding da links im Bild soll dafür sorgen, dass die Würze auch auf 10 Grad kommt. Wir sind alle sehr gespannt.

So pumpen wir die Würze denn im Kreis und siehe da, bei jedem Durchlauf nimmt die Temperatur spürbar ab. Es funktioniert.

Beim Pumpen und Kühlen entsteht ein fester Schaum. Nicht so wie später auf dem Bier, mehr wie Eischnee. Fest und haltbar.

Ich kann nicht anders und muss mir einen Löffel voll stibitzen. Und ja, auch probieren. Wow, lecker ist das. Recht süss und kräftig hopfig. Da muss sich doch was draus machen lassen. Ich speichere das mal ab. Unter dem Arbeitstitel "Läuterpudding".

Während ich noch am Läuterpudding nasche, sind andere bereits wieder bei der Arbeit. Die Stammwürze möchte festgestellt werden. Aus der Stammwürze lässt sich dann der Alkoholgehalt des Bieres ermitteln. Da hätten wir also etwa 13 Grad Plato Stammwürze. Und dann rechnet man dann so: ...äh ja, da muss ich wohl noch einmal nachfragen gehen.

Jetzt ist der Brautag fast vorbei. Etwas muss allerdings noch erledigt werden. Die Würze muss ins Gärfass und da haben wir ganz klar noch etwas Optimierungsbedarf. Denn das Sudhaus ist ebenerdig, das Gärfass steht im Keller. Wegen der Temperatur. Bis uns denn was schlaues eingefallen ist, muss die Würze also per Eimer in den Keller.

Jetzt aber der letzte Schritt. Die Hefe kommt zur Würze. Dann wird das Gärfass verschlossen und das zukünftige Bier darf erst einmal zehn Tage vor sich hin gären.

Geschafft, die Brauer sind zufrieden und glücklich.