Abt.: Wissen und Pisa

Deindustrialisierung und FDP

Ich lese und höre in letzter Zeit immer wieder und immer öfter von Deindustrialisierung. Besonders aus der konservativ reaktionären Ecke. Und den Freunden des Wirtschaftsliberalismus.

Ja und natürlich von der Industrie. Denn wenn es was zu jammern gibt, dann ist die immer ganz vorne mit dabei.

Muss ich mich doch mal schlau machen, was es damit auf sich hat. Ja, dem sich "schlau machen" kommt da auch noch eine Bedeutung zu.

Gemeint ist mit Deindustrialisierung irgendwie so etwas nebulöses wie Deutschland wird jetzt dann gleich ein Agrarland. Also ein nachträglicher Morgenthau Plan. Initialisiert von links grün versifften Gutmenschen. Oder von Putin-Hassern. Oder von den Transatlantikern. Sicher aber auch von den Echsenmenschen. Also arbeitet eine internationale, vielleicht sogar interstellare Allianz an der endgültigen Deindustrialisierung Deutschlands.

Weil ich so ein Darufrumdenker bin, denke ich da jetzt auch ein bisschen herum drauf. Und wenn ich so herum denke, dann denke ich zum Beispiel so etwas:
Ist es denn nicht schon seit dem Ende des kalten Krieges so, dass sich Deutschland - mal schleichend, mal mit Anlauf - deindustralisiert? Weil es hier keine Rohstoffe gibt. Weil industrielle Produktion hierzulande viel zu teuer ist. Weil andere das besser können. Oder schlicht weil die eine oder andere Industrie nicht mehr gebraucht wird.

War es nicht schon während des kalten Krieges so, dass zunehmend Billigprodukte aus dem fernen Osten in den Kaufhäusern und Spielzeugläden auftauchten. Waren nicht Toyota uns Suzuki längst bekannte Marken. Hat nicht VW sein Käferwerk nach Brasilien verschifft.

Und ist es denn nicht so, dass Industriebetriebe in der Regel jedes Mal mit Abwanderung drohen, sobald ihnen Gewinne durch die Lappen gehen. Sei es wegen angeblich zu hoher Löhne, wegen Sozialabgaben oder wegen Steuern im Allgemeinen.

Kohlebergbau, Stahlverhüttung, Schiffsbau. Alles seit Jahren - und wenn ich "seit Jahren" schreibe, dann meine ich nicht ein oder zwei, dann meine ich eher 30 oder 40 - auf den Rückzug. Weil zu teuer. Weil nicht mehr benötigt. Weil wo anders besser.

Ich kann mich auch an eine Zeit erinnern, wo das sehr klar gesehen und auch benannt wurde. Deutschlands Zukunft wird nicht in der Industrialisierung liegen, Deutschlands Zukunft - und da geht es jetzt um das "sich schlau machen" - wird in der Forschung, der Entwicklung, im Wissen liegen. Deutsche Ingenieurskunst, Deutsche Technik, Deutsche Entwicklung.... das hat Deutschland dann einwandfrei verkackt. Wissen und Bildung, das haben Pisa und Co verdeutlicht, gehört nicht mehr zu Deutschen Kernkompetenzen.

Wenn ich mir heute zukunftsweisende Technologien ansehe, dann sehe ich Länder wie die USA, China oder Japan. Wenn ich auf Deutschland blicke, dann sehe ich "Neuland" und "Lufttaxis" die wichtiger als eine funktionierende IT-Infrastruktur sind. Da sehe ich aber auch Verleger, die mit einem irrlichternden "es muss nicht alles digital sein" den Zug abfahren lassen.

Ist es nicht so?

Und dann sehe ich da eine FDP. Eine Partei die vermeintlich das Interesse der Wirtschaft auf ihren Fahnen vor sich her trägt. Der vorgeworfen wird, das Interesse der Wirtschaft über die Bedürfnisse der Gesellschaft und Umwelt zu stellen.

Tatsächlich stellt die FDP die Interessen von Wirtschaft und Industrie gar nicht über die Bedürfnisse der Gesellschaft und Umwelt. Vielmehr - und was noch um ein vielfaches schlimmer ist - stellt sie Partikularinteressen und Klientelpolitik über alles andere. Denn:

Was könnte der Automobilindustrie mehr Gewinne bringen, als ein möglichst zeitnahes "Verbrenner-Aus". Wenn auf einen Schlag knapp 50 Millionen Menschen ein neues Auto benötigen.

Wenn es ein allgemeines Werbeverbot für Süßigkeiten gibt, dann hören Kinder ja nicht von einem Moment auf den anderen mit Essen auf. Der Konsum verlagert sich lediglich von hier nach da. Vielleicht von den Fruchtzwergen zu Erdbeerjoghurt. Oder von Kinder Pingui zum Honigbrot. Kann ja sein.

Das Verbot von Gasheizungen wäre erneut eine Wachstumsspritze für hiesiges Handwerk und Industrie. Denn geheizt wird auch zukünftig werden. Da von Gas die ansässige Industrie - aus Mangel an Gasvorkommen - kaum profitieren kann, stellt sich die Frage, wen die FDP da protegieren will? Vielleicht die OPEC? Oder Gazprom?

Deutschlandtakt, hm, das hört sich für mich nach einer - sinnvoll angelegten - Millionensubvention für die Bahn und darüber für die Wirtschaft, also Siemens und wer noch so alles im triebwagenproduzierenden Gewerbe unterwegs ist.

Bleibt noch die Rettung von Menschenleben. Da sehe ich in der Tat recht wenig Potential für die Deutsche Wirtschaft. Das ist ein reiner Kostenfaktor, da kann die FDP für niemanden etwas abschöpfen. Eine Sabine Leutheusser-Schnarrenberger würde bei solch illiberalem Verhalten allerdings - da bin ich mir sicher - sofort zurücktreten.

So lässt sich abschließend zusammenfassen, die FDP ist nicht nur ein Hemmschuh für zukunftsweisende Technologie, die den Standort Deutschland sichern könnte, sie ist vielmehr wirtschaftlich rückwärtsgewandt und entzieht lokalen Unternehmen über kurz oder lang die wirtschaftliche Grundlage.

Ist es nicht so?