Abt.: Aus dem Obstkorb geplaudert

Banane an die Wand

Wenn ich jetzt einen Banane an die Wand tackere... also ganz vorsichtig, sonst wird das schnell zu Bananenbrei. Also wenn ich das mache, ist es dann ein Plagiat? Oder einfach nur doof?

Eine Banane an die Wand kleben ist einfacher, als zum Beispiel einen warmen Vanillepudding.
Je jünger eine Banane ist, desto einfacher. Ist die Banane noch recht grün, also frisch, dann klappt das mit den allseits bekannten Sekundenkleber ganz gut. Ist die Banane dann schon reif, also verzehrfertig, dann - und jetzt wird es interessant - greift man schon mal zum Klebeband. Aber Achtung, da bewegt man sich dann auf dünnem Eis.

Es gibt da ein paar Dinge zu beachten, denn der Grat zwischen Alltagszweckmässigkeit im privaten Raum und Bildender Kunst mit all seinen Fallstricken zwischen Cover und Plagiat ist ein schmaler.

Immerhin hat der - mir bis dato leider unbekannte - Künstler Maurizio Cattelan(1) eine Banane mit Gaffa-Tape an die Wand gepappt(2). Und wenn ein großer Künstler das macht und ich das auch mache, dann ist das... ich sage mal, es ist eine Reminiszenz. Weil das hat schon was mit Kunst zu tun. Da könnt ihr mir sicher zustimmen. Denn alltagstauglich ist das nicht. Schaut mal bei euch in der Küche rum. Hängt da irgendein Obst oder vielleicht ein Paar Wiener an der Wand? Das tun sie nicht(3).

Also Maurizio hat eine Banane an die Wand gepappt. Keine Ahnung an welche Wand. Und hat die ... hm ... jetzt wird es etwas kompliziert.
Und hat die Banane an der Wand für echt ordentlich Geld verkauft. In Summe, so ist es den Medien zu entnehmen, waren das 110.000 Euro.
Für eine Banane ganz schön viel. Für eine Banane und einen Streifen Gaffa-Tape immer noch ganz schön viel. Und die Wand? Die Wand ist jetzt eher ... ich denke, das ist einfach ein x-beliebiges Stück Leinwand. Vielleicht Rigips. Da kostet der Quadratmeter keine drei Euro.

Irgendwer hat nun also 110.000 Euro für eine Banane mit Gaffa-Tape bezahlt. In dem Sinne eigentlich nur für die Idee. Für das Gefühl einen Batzen Geld für echt was tolles, einmaliges ausgegeben zu haben. Mit der tiefen inneren Gewissheit, dass die Banane nach vielleicht zwei Wochen Matschepampe ist.

Natürlich wissen Künstler und Käufer, dass die Banane nach vielleicht zwei Wochen Matschepampe ist. Überliefert ist jedoch nicht, ob jetzt der Künstler oder der Käufer alle zwei Wochen eine frische Banane an die Wand pappen. Vielleicht hängen sie auch zwischendurch einfach ein Schild hin "Hier sollte eigentlich einen Banane pappen".

Oder ist das Kunstobjekt tatsächlich ein temporäres. Eins, dass im Laufe der Zeit Zeugnis von Verfall und Matschepampe ablegt. Das auch vor Augen führt, dass es jenseits vom täglichen Überlebenskampf zwischen lohnabhängiger Beschäftigung und Mietwahnsinn auch Menschen gibt, die für eine verwesende Banane an der Wand mal eben 110.000 Euro auf den Tisch legen. Das von Vergehen und Vergessen handelt. Ich vermag es nicht zu sagen.

Wie so oft hat in diesem Zusammenhang natürlich niemand auf die Bedürfnisse und Befindlichkeiten des Objekts Rücksicht genommen. So einen Banane hat schließlich auch Gefühle. Und wenn schon keine Gefühle, so zumindest eine Bestimmung. Die Bestimmung für junge Bananenpflanzen zu sorgen. Oder jemanden satt zu machen.

Wenn also jemand eine Banane aus einem Kunstwerk pflückt und verspeist, dann ist das nicht mehr und auch nicht weniger, als die Banane ihrer Bestimmung zuzuführen. Quasi Bananenrettung. Vielleicht ist es aber auch die Vollendung des Kunstwerks. Die Demonstration, dass nichts für die Unendlichkeit ist. Schon gar nicht eine Banane.

Und genau das ist passiert. Wie es scheint, nicht zum ersten Mal. Jemand die Banane von der Wand, reisst ihr die Klamotten vom Leib und stopft sich die splitterfasernackte Frucht in den Mund.

Auch wenn es mir widerstrebt, das Video - ob seiner impliziten Gewaltdarstellung einer wehrlosen Banane gegenüber - zu zeigen, so tue ich es doch. Achtung, nichts für schwache Nerven.

Erklärung:
Es ist bei dieser, also meiner, Aktion keine Banane zu Schaden gekommen. Das gesamte Foto-Shooting fand streng nach der safe, sane, consensual Regel statt. Die Banane ist im Anschluß wohlbehalten in den Obstkorb zurück gekehrt.

[Nachtrag]: Ganz so wie in der Erklärung erklärt verhält es sich letztlich dann doch nicht... nieder gemetzelt ist sie worden, die Banane und dann ganz profan verspeist. Auf dem schmalen Grat zwischen Kunstraub und Mundraub.

(1)[Maurizio Cattelan]
(2)[spiegel.de]: Student pult Kunstwerk von der Wand und isst es auf
(3) Wenn doch, dann bitte ein Foto