Abt.: Versprechen und Gebrechen

Anzucht in Haus und Garten

Hobbygärtner experimentieren gerne. Gartencenter und der Onlinehandel bedienen diese Experimentierfreude nach Kräften. Mit sinnvollem, mehr jedoch mit sinnlosem.

Ein weites Feld ist etwa die Anzucht. Da gibt es im Fachhandel, in der Fachliteratur und in Onlineforen manch spannendes zu entdecken. Und weil ich experimentierfreudig bin, entdecke ich gelegentlich Dinge... frage nicht.

Jiffy Torfquelltöpfchen

Die Jiffy Torfquelltöpfchen kennt jeder, der schon mal versucht hat, auf dem heimischen Balkon Hanf zu ziehen. Denn Jiffy gehört zum kleinen Einmaleins des Kiffens. Und weil der versierte Hanfbauer seine Pflänzchen täglich vier bis fünf mal streichelt, funktioniert das ganz gut.
Wer jedoch profane Zucchinisamen zum Keimen bringen will muss gut aufpassen, dass erst die Zucchini kommen und dann erst der Schimmel.

Empfehlung: Bedingt.

Anzuchttöpfchen

Dann gibt es diese Anzuchttöpfchen aus Kokosfaser. Die Werbung verspricht, die sind prima und kompostierbar. Mehrfache Erfahrung sagt, ja, kompostierbar sind sie und das sollte man damit auch direkt machen. Also ohne sie vorher mit Erde und Samen zu bestücken. Denn die Kombination Kokosfaser, Erde und Wasser erfreut besonders Schimmelpilze. Und die Töpfchen sind noch jedes Jahr verschimmelt.

Empfehlung: Nicht machen.

Steinwolle

Dieses Jahr bin ich auf Steinwolle gestoßen. Bei temu... aber das ist ein anderes Thema. Steinwolle saugt Wasser auf wie ein Schwamm und soll so Samen super flott zum Keimen bringen.

Steinwolle ist nicht kompostierbar. Es ist aber auch nicht schlimm, wenn sie auf dem Kompost landet. Nicht so gut ist es, wenn sie in den Augen landet. Also bei der Verarbeitung gerne Handschuhe tragen.

Warum das eine und warum das andere?

Das eine: In den Augen - aber auch im Ausschnitt oder der Unterhose - möchte man die winzigen Steinfasern nicht haben. Sie pieken und sie reizen. Das juckt und entzündet sich. Ansonsten ist Steinwolle unbedenklich.

Das andere: Auf dem Kompost? Egal, Steinwolle zerfällt nicht und wird auch nicht abgebaut. Ist ja aus Stein. Und wie andere Steine, stört sie auch nicht besonders.

Der Wert als Anzuchthilfe? Ein schwieriges Thema. Manche Samen, die es besonders Nass haben wollen, keimen schnell. Im Experiment waren das vor allem Kohl, Blaukraut und Kohlrabi. Kräuter und Tomate gehen gar nicht. Hanf? Die Ausbeute 2 von 8 ist nicht sonderlich gut.

Was sehr wichtig ist, wenn ein Samen keimt: Die Steinwolle enthält null Nährwerte. Null Komm Null Null. Da passiert es schnell, dass so ein kleines Jungpflänzlein bereits verhungert ist, bis es genügend Wurzeln gebildet hat, um an Nährstoffe zu kommen. Entsprechend ist mir das Blaukraut verhungert. Kohl und Rabi konnte ich rechtzeitig in ordentliche Erde umbetten.

Empfehlung: Finger weg. Juckt eh nur.

Do it yourself

Anzuchttöpfe selber basteln. Aus Zeitungspapier zum Beispiel. Das habe ich schon ausprobiert und inklusive Faltanleitung beschrieben(1). Muss ich also nicht noch mal.

Empfehlung: Kann man machen. Insbesondere, wenn einem beim Warten auf die Eisheiligen etwas fad wird.

Anzuchterde

Im Baumarkt gibt es bald so viele Erden wie Pflanzen. Selbst für die verschiedenen Lebensabschnitte einer Pflanze gibt es unterschiedliche Erde zu kaufen. Kräuteranzuchterde und Kräutererde. Solche für Tomaten oder Blumen. Für Rhododendron oder Gemüse. Rhododendron geht übrigens auch für Blaubeere, nicht aber für Lavendel. Kakteenerde und solche für Sukkulenten. Orchideenerde für asiatische Orchideen und für solche aus Südamerika.

Diese Erden gibt es in teuer und sehr teuer.

Empfehlung: Für Pedanten mit großem Geldbeutel

Torf

Vielen dieser Erden ist Torf beigemischt. Torf braucht 8000 Jahre bis er entsteht. Insofern richtet jedes Kilo Torf, das im Garten ausgebracht wird immensen Schaden in den letzten verbliebenen Mooren an. Ja und gut für Boden und Pflanzen ist er auch nicht. Denn er enthält wenig Nährstoffe für Pflanzen und versäuert den Boden.

Also lasst den Torf Torf sein und langsam zu Kohle werden.

Empfehlung: Blos nicht!

Münchner Bio Erde

Mag jeder halten, wie er will. Ich nehme für alles gerne Münchner Erden in Bioqualität. Die gibt es im Baumarkt, beim Wertstoffhof und in ausgewählten Läden. Das mögen die Pflanzen - ob klein, ob groß - und der Geldbeutel geht auch nicht in die Knie.

Empfehlung: Empfehlung.

Kompost

Nicht vergessen, der Kompost, der sich in jedem Kleingarten in irgend einer Ecke findet. Da wird aus Küchen- und Gartenabfällen beste Erde. Ganz von alleine. Kostet gar nichts und eignet sich zum untermischen zu fast jedem Boden. Zucchini oder Kürbis mögen ihn auch pur.

Empfehlung: Lasst die Natur einfach machen.

(1) [emaz.de]: Anzuchttöpfchen
(2) [weilheim-schongau.bund-naturschutz.de]: Torf-Entstehung